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lorbeerkranz

Präsenz der Abwesenheit. Ich laufe ins Offene.
Unter dem Vorwand einer Depression den Kummer einer Droge anvertrauen, so als handelte es sich um eine Krankheit, eine Entfremdung (etwas, das einen fremd macht).

Jeder hat seinen Rhythmus der Trauer.
Ich bin ständig gereizt, rastlos zwischen allem und jedem. Ich kann mich nirgendwo lange aufhalten. Die Präsenz der Anderen stört mich, stört mich so sehr als hätte ich einen Schiefer unter der Haut liegen. Das Reiben wie ein Korn im Auge. Es tränt, eine rein physische Reaktion, sonst nichts. Es ist alles stumpf und still geworden.
Ich finde mich nicht zurecht. Die Routine, die mich in den Tag hineinzwingt könnte mich trösten, tröstet mich aber nicht. Tröstet mich nicht wirklich. Das Herz weiß, wie es um mich steht.

Ich muss oder möchte für eine Art der Harmonie sorgen. Es ist scheinbar. Ich bin anfällig. Ich fühle mich anfällig für vieles. Ich kann nichts zu mir nehmen. Ich fühle mich wie ein krankes Tier. Diese Diskrepanz zwischen meiner Fähigkeit mühelos Konversation zu machen, mich scheinbar zu interessieren, zu beobachten, zu leben wie vorher. Der Riß, der durch mich geht. Desorientiertheit.

In den Tag leben als hätte ich nichts mehr vor mir. Ich betrüge mich. Niemand scheint es zu merken. Ich verfalle in Banalitäten. Die Banalität der Rede, des Zusammenseins, ich bin desorientierter als je zuvor. Ich spüre die Abwesenheiten. Ich selbst bin nur mehr eine Abwesende. Es ist mir egal. Egal geworden. Alles nur kurz, kurzweilig.
Verlorenheit. Apathie. Etwas lustvolles als Zuflucht. Einen Zufluchtsort muss es doch geben. Irgendwo. Liebe.

Entsetzen über mich selbst. Der Trauer gegenüber gleichmütig bleiben – könnte ich das. Was kann ich noch begraben. Ich kann nicht ständig Menschen begraben, noch weniger sie in mir begraben. Anfälle von Wünschen. Wie eine Reise nach Italien. Doch das sind Wünsche aus der Zeit davor.
Also Anachronistische Wünsche.

Den Ort gibt es nicht mehr. Diesen Ort gibt es nicht mehr. Für mich gibt es diesen Ort nicht mehr.

Ich bin lächerlich. Ich sollte über mich lachen. Das lachen könnte das einzige sein, dass mir bleibt. In mir schweigt es.
Ich müsste endlich andere Wege nehmen.
Ich müsste mich dazu zwingen. Die Kraft aufbringen. Die Apathie in mir überwinden. Meine Trauer ist die um eine Liebesbeziehung, nicht die um eine Lebensorganisation.
Ich habe eine Leichtigkeit. Alles nur scheinbar.

Mein Körper hat noch nie gelogen. Er hat immer noch erzählt – jetzt wie damals. Als die Bläschen auf meiner Haut begannen, dieses Bedrohliche, dieses nie wissen, warum etwas, gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt aufbricht, sich ganz und gar den Raum nimmt.
Die Trauer einhegen.

Dort, wo etwas zerreißt. Der Punkt, der Ort wo etwas zerreißt, wo etwas zu Ende geht. Das Ende abschreiten, das Ende abschreiten und dem Anfang entgegengehen. Völlig naiv.

Immer dieses wir haben, wie „wir haben uns geliebt“. Nein, ich habe. Immer das Vergangene ablaufen. Von seinem Ende dem Anfang entgegenlaufen – ins Paradoxe verkehren. Etwas Unmögliches zu Ende denken. Nicht immer alles an den Anfang setzen, alles ans Ende setzen. Alles


an ein Ende setzen. Wir haben... Ich habe...

Ich stehe vor einer langen Reihe von Tagen. Sonntagmorgen. Das Entsetzliche im Vorausdenken der Tage, die sich aneinanderreihen, ich muss die Leere füllen. Ich stehe vor einer langen Reihe von Tagen, aber ohne ihn oder ohne jeglichen Menschen.
Ich empfinde die Schalheit, das Trübe, ich empfinde die Leere. Die Abwesenheiten, um die sich alles dreht. In meinem Leben dreht sich alles um diese Abwesenheiten.

Das alles das, was ich zu beschreiben versuche, viel zu theatralisch ist. Dass diese Wörter alle mit Emphase aufgeladen sind.

Ich bin aufgewühlt. Und ich weine nicht.

Vergeht die Empfindsamkeit? Bleibt der Kummer? Wenn ich tot wäre.

Vergnügen und Zerstreuung - „Hier hast du alles, um zu vergessen“, ich vergesse umso weniger.

Ich habe alles zurückgeschickt. Das ist meine einzige Freiheit. Ich wehre mich. Die Tage sind lang. Das dumme Leben geht weiter.

Ich vergesse zu langsam oder erinnere mich zu schnell. Ich wehre mich gegen allerlei Zuschreibungen. Ich will dieses Losgelöstseins. Mein System bricht zusammen, das was ich mir aufgebaut habe, um mich zu schützen. Ich brauche das Allein-Sein.
Das Zusammensein kann mich nicht trösten. Was kann mich noch trösten?
Woran kann ich mich halten. Was hält mich in dieser Trauer, in dieser Schalheit der Tage und der Nächte.

Ich bin schlafwandlerisch. Spüre mich nicht. Die Trauer ist statisch. Unbeweglich.

Ich entferne seine Postkarten. Ich entferne seine Briefe. Ich spüre diese Angst, die Angst vor dem was bereits stattgefunden hat. Die Angst vor dem was wieder stattfinden könnte. Aber auch die Angst vor dem was nicht wiederkehren kann. Vor dem, was endgültig verloren ist.
Zwischen Erinnerung und Nichts haften geblieben.

Das was sagbar, aber unausdrücklich ist. Ich kann meinen Zustand nicht ausdrücken. Es bleibt vieles ungesagt. Ich habe Angst, es zu sagen.

Selbst das Unerträglichste sagt mir, dass ich es ertragen werden muss.
Ich fühle mich nirgendwo wohl. Bin rastlos. Ich kann mir im Außen kein „daheim“ schaffen, so wenig wie außen, so wenig innen. Es würde einiges erträglicher machen, könnte ich dieses Zuhause finden. Vielleicht habe ich mich selbst vertrieben, in dem Unsteten und Rastlosen.
Ich muss die Gründe in mir finden. Die Ursachen. Dieses Zurück-Wollen und doch nicht genau wissen, wo dieses Zurück sein könnte. Ich suche meinen Platz. Ich suche ihn immer wieder, unaufhörlich. Dezentriert außen wie innen.

Akute Phase von Narzismus. Mangel an Großzügigkeit.
Ich fühle mich antriebslos, also apathisch, ich müßte mich dazu bringen, Freunde anzurufen. Nur habe ich dann permanent die Stimme am Ohr, deren Anliegen, deren Antriebsstärke, die der meinen so entgegengesetzt sind.


Sicherlich würde ich mich schäbig fühlen, inmitten der Handlungsobsessiven, ständig etwas tun, um von sich selbst und der Trauer abzulenken.
Vorwände erfinden, um alleine zu sein, obwohl man es nicht erträgt. Um Verständnis betteln. Ich bettle nicht gern um Verständnis.
Erinnerung an die schönen Gesichtszüge. Das so etwas so verstellend sein kann. Das Gesicht, der Ausdruck der lügt.

Nicht dem Ort verlassen können, wo etwas geschehen ist, das sich immer wieder aufdrängt. Nicht die Möglichkeit haben, etwas zurückzulassen. Endgültig.
Ich brauche diese END-gültigkeit.

Das Erinnern an die geringsten Vorlieben, an die geringsten Urteile, die geringsten Gemeinsamkeiten... Schon allein wegen dem Romantizismus allem ein Ende bereiten. Die Schwierigkeit, ein Ende zu bereiten. Die Schwierigkeit eine letzte Entscheidung zu treffen. Die Schwierigkeit, konsequent an ein Ende zu gehen, dies mit offenen Augen zu tun. Sich selbst nicht entgehen.

Das Gegenteil von etwas ist nicht sein Gegenteil.

Ich bin unglücklich, traurig in Triest. Bin ich also in Wien glücklich? Ich habe einen Ort verlassen, an dem ich unglücklich war, doch ihn zu verlassen hat mich nicht glücklicher gemacht.

Ich suche das Grab meines Stiefvaters auf. Dort angekommen, bin ich ratlos, was ich dort tun soll? Beten? Was heißt das? Warum? Ich gehe also wieder.
Die flüchtige Andeutung einer inneren Einstimmung. Die Gräber dieses Friedhofs, obschon ländlich, häßlich.

Unbehagen an jedem Ort. Bedrückung. Gereiztheit. Ich fühle mich elend. Ich will mich diesem Gefühl aber nicht hingeben.

Im Traum exakt sein Lächeln.

Die Abende sind traurig. Die Vormittage sind traurig. Die Erinnerungen, die einsetzen im Aufsuchen, im Aufstöbern oder im Zerstören.

Ich fühle mich wohl, einen Augenblick lang. In einem verwahrlosten Garten, obschon das verwahrloste Haus mir meine Kindheitserinnerungen zurückbringt.
Was will ich davon noch spüren? Der Schmerz darüber, wenn andere über ihre Kindheitserinnerungen sprechen.
Das Aussetzen des Gedächtnisses. Der Schwarzfilm.
Das Fallen in ein stumpfes Gefühl und Übelkeit. (flüstert)
Wenn ich weggehe, irgendwohin...
Nicht ankommen. Ich will nicht mehr ankommen. In mir kommt ständig etwas an. Ich ertrage es nicht. Ich ertrage es immer weniger. Zeit ist verloren. Ich habe so vieles verloren. Ich kann nicht mehr zurück gehen, etwas in mir verweigert sich.
Warum?

Presence of absence Running into the open.
Pretexting some kind of depression while committing sorrow to drugs, just like it were an illness, an estrangement, something that makes you strange.

Everybody has his or her own rhythm of mourning.
I'm irritated, all the time, restless between everyone and everything. I can't stay long anywhere. I'm bothered by the presence of others, to such an extent that it comes close to the sensation of a splinter under my skin. Some particle rubbing in my eye. Tears, a merely physical sensation. Everything's turned dull and quiet.

I can't get along. Routine, forcing me into the day could comfort me, but there's no comfort. No, no comfort. My heart is well aware of my misery.

I have to, I want to establish some kind of harmony. Apparently. I'm frail. I feel frail to many things. I can't eat. I feel like a sick animal. The discrepancy between my capability of effortless conversation, apparent interest, observing, living like before. The fracture tearing me apart.
Disorientation.

To live a day as if there was nothing ahead. I'm cheating on myself. Nobody seems to notice.
I'm prone to banalities. The banality of talk, of being together, I'm more disoriented than I've ever been before. I sense the absences. Myself, I'm an absence, nothing more.
I don't care. Anymore. Everything just for a little moment, everything is transient.
Forlorn. Apathy. A refuge with relish. There has to be a refuge after all. Somewhere. Love.

Horrified by myself. Indifferent to mourning – if only I could. What else could I bury. I can't go on burying people, even less, bury them within myself. Attacks of desires. Like a journey to Italy. But these are long ago wishes, from then. Anachronistic wishes thus.

The place doesn't exist anymore. This place doesn't exist anymore. For me, this place doesn't exist anymore.

I'm ridiculous. I should laugh about myself. Laughter could well be the one thing remaining. Everything is quiet inside me.
I should, finally, go another way.
I should force myself to do that. Have the force. Overcome apathy. I'm mourning a love affair, not live management.

I do have this ease. Seemingly.

My body has never lied before. It has always been loquacious – it is now just the way it was, then. When it started with those tiny blisters on my skin, the threat, the never-knowing why something opens out just now, just at that particular moment, and invades all the space.

To fence the grief.

The place where something tears apart. The point, the location of the fracture, where something ends. To walk along the end, towards the beginning. Completely naive.

There's always this „we've loved each other“. No, I have. Always walking along the past.


To run from the end to the beginning, turning it into a paradox. To think something impossible to its end. Not necessarily putting everything always into the beginning, rather, putting it to the end.
Putting everything to an end. We have... I have...

A long row of days ahead. Sunday morning. The horror of anticipating days, one after the other, I have to fill up the void. I find myself facing a long row of days, but he's not there, nor are there any other people.
I sense the staleness, the haze, I sense the void. The absences that everything is about. In my life, everything is about these absences.

That everything that I try to describe is way to dramatic. Bathos. All these words are charged with emphasis.

I'm all stirred up. And I don't cry.

Does sensibility go away? And sorrow remain? If I were dead.

Entertainment and diversion - ”Here's everything you need to forget“. I forget ever the less.

I have returned everything. That is my only freedom. I resist. Days are long. Dull live goes on.

I forget too slowly and remember too fast. I resist all kind of assignments. I want this detachedness. My system collapses, the one I've established to protect myself. I need to be alone.
Company is no comfort. Is there any comfort, for me?

What could I possibly cling to. What could give me a hold in this mourning, this staleness of days and nights.

I'm somnambulistic. I don't feel myself. Grief is static.

I take his postcards down. I get rid of his letters. I feel this fear of something that has already happened. The fear of what could happen again. Even fear of what could not happen again. Of what is lost for good. Stuck between remembrance and nothing.

It is tellable but inexpressible. I cannot express my condition. Much remains untold. I'm afraid to tell it.

Even the most unbearable tells me that eventually, I'm gonna have to bear it.

I'm not at ease, nowhere. I'm restless. I can't create a home for myself in the outside, so little outside, so little inside. It would be considerably more tolerable if I could find this home. Maybe I've chased myself away, in this restless, unstable condition.
I've got to find the reasons within myself. The cause. Craving for going back while not knowing exactly, where this „back then“ might be found. I'm looking for my place. Again and again, I'm unceasingly performing this quest. Decentralized on the outside as on the inside.

Acute state of narcissism. Lack of generosity.

I feel unmotivated, apathetic thus, I should get myself to call friends. Only, those voices in my ear, their concerns, their motivation - such a contrast to mine.


Of course, I would feel like a sleaze, among all those action-obsessed, busy with no matter what just to divert from themselves, and from grief.
To invent pretexts for being alone, even if that is unbearable. Begging for understanding. I don't like to beg for understanding.
Memories of a beautiful gaze. That something like that can be so dissimulating. The face, the expression is lying.

Not to be able to leave the place where something has happened, something that reoccurs in my thoughts ever and ever again. To lack the possibility to leave something behind, definitely.
I need this deFINitiveness.

Remembering shared preferences, minor judgements, tiny common grounds. .. To put an end to everything, if only for romance's sake. The difficulty to perform an ending. The difficulty to make that final decision. The difficulty to consequently follow that path to a final ending, open eyed. Not to avoid oneself.

The opposite of something is not it's counterpart.

I'm unhappy, sad in Triest. Am I therefore happy in Vienna? I've left a place where I was unhappy, but leaving it hasn't made me any more happy.

I'm visiting my stepfathers grave. Once there, I find myself at a loss with myself, again, what should I do there? Pray? What does that mean. So, I leave.

The fugitive hint of an inner approach. The graves in this graveyard, albeit rural, are ugly. Discomfort anyplace. Gloom. Huffiness. I feel miserable. But I don't want to give in to this feeling. His precise smile, in a dream.
The evenings are sad. The mornings are sad. Memories that emerge in exploring, rooting or destroying.

For a moment, I feel fine. In a neglected garden, although the abandoned house evokes remembrances of my childhood. Do I want to feel any of this? What? It hurts when others talk about their childhood memories.
Blank memory.

Falling into a numb sensation and nausea. (whispers)
If I leave, wherever...
Not arriving. I don't want to arrive. All the time something is arriving inside me. I can't stand it.  Less and less bearable. Lost time. I've lost so much. I can't go back, there's something inside me that resists.
Why?

von Gina Matiello, nach Roland Barthes

"Tagebuch der Trauer"